Klaus Wolschner 

Texte zur Geschichte und Theorie von Medien & Gesellschaft

www.medien-gesellschaft.de


II
Politik
und Medien

Wie das Jahrhundert des
Print-Journalismus zu Ende geht

8-2013

Von den Rocky Mountain News in Denver über den Seattle Post-Intelligencer und den „Boston Globe“, über die Financial Times Deutschland bis zu dem Blatt  Harburger Anzeigen und Nachrichten  - es sterben die Zeitungen. Weltweit.
Die Fälle von Frankfurter Rundschau, Washington Post oder Hamburger Abendblatt zeigen, wie historische Zeitungsverlage (Springer) und Verlegerfamilien aufgeben, d.h. dem Geschäftsbereich Print keine Chance mehr geben - nicht einmal noch als Marken-Namen für den Übergang ins digitale Zeitalter. Die Auflagen der Print-Produkte sinken flächendeckend, weltweit, und die Zahl der Menschen, die vom Kernbereich des „klassischen“ Journalismus leben können, sinkt.
Das „Jahrhundert des Print-Journalismus“ dauerte vielleicht 150 oder 200 Jahre, es ist vorbei. 

Hund

Was bedeutet das für die
Selbstverständigung der
modernen Gesellschaften?

Was bedeutet das
für die
demokratische Kultur?

Was kommt
nach dem
„Jahrhundert des
Journalismus“?


 

 

Auch Menschen sind 
nur     
Gewohnheitstiere 
 

 

Die Selbstverständigung in vorneuzeitlichen Gemeinschaften funktionierte über Klatsch und Tratsch, über die narrative, orale Kommunikation – Geschichten wurden erzählt, aus denen das Volk entnehmen konnte, was erlaubt und was verboten, was gut und was böse ist. Die „Intellektuellen“ einer oralen Kultur sind die Priester und die Gaukler, aber wie das Beispiel der Hexenverfolgungen oder wie das Beispiel des vorrevolutionären Frankreich zeigt, gibt es in der narrativen Kultur untergründige Kräfte, die nach plausiblen Erklärungen verlangen und nach Opfern gegen das Unglück. Priester und Gaukler sind  in diesem Sinne auch nur die „organischen Intellektuellen“ der narrativen Kultur, d.h. sie liefern bisweilen, was bestellt wird.

Die Funktion der frühneuzeitlichen „Moralischen Wochenzeitschriften“ und der Volkskalender, nämlich das narrativ überlieferte populäre Wissen über Fragen von Moral und Gesellschaft für das Selbstverständnis der Gesellschaft neu zu thematisieren und mit einer Prise Aufklärung zu würzen, ist im 19. Jahrhundert auf die unterhaltsamen illustrierten Print-Produkte übergegangen, auf Penny-Press und Gartenlaube.

Zum „Leitmedium“ für die kommunikative Selbstverständigung der Gesellschaft wurden im 20. Jahrhundert die Medien, die die Attraktivität des bewegten Bildes nutzen konnten, die Filme in Kino und Fernsehen. „Leitmedien“ heißt immer, dass die früheren Instrumente der Selbstverständigung „geleitet“ werden von den neuen Medien. Klatsch und Tratsch kreisen um das, was im Fernsehen läuft. Zeitungen berichten über die neusten Skandale und Stars der elektronischen Unterhaltungsindustrie und über die neusten Filme. Journalisten in diesem Sektor sind im Kern Entertainer.

Kommerzialisierung, Visualisierung und Globalisierung der kommunikativen Selbstverständigung der Gesellschaft

Anders ist es im politischen Bereich: Die Print-Medien liefern den Grundstück an Information und Analyse, der dann in dem elektronischen Medien ausgebreitet, bebildert und „beblogt“ wird.

Historisch betrachtet hat sich die politische Kommunikation, die in der Antike und im Mittelalter das Privileg weniger Familien rund um Thron und Altar war, zu einer öffentlichen Kommunikation in der Neuzeit aus dem Klatsch und Tratsch heraus entwickelt. Die frühen Zeitungen waren die Instrumente der Herrschaften, ihre Sicht der Dinge zu verbreiten. Sie wurden spiegelbildlich zum Propaganda-Instrument der oppositionellen bürgerlichen Parteien (etwa in der Französischen Revolution). In dem Maße, wie Zeitungen normalen Produkten wurden, die (auch) Gewinn bringend verkaufbar sein mussten, entwickelte sich im angelsächsischen Bereich das Leitbild eines „unabhängigen Journalismus“, in Deutschland zunächst nur als „General-Anzeiger“, d.h. als allgemeiner Anzeiger. Typisch ist, dass die gerade (2013) sterbende Zeitung „Harburger Anzeigen und Nachrichten“ im Jahre 1844 als „Harburger Anzeigen“ gegründet wurde, später kamen die Nachrichten hinzu, die auch nur „angezeigt“ wurden.

Das Jahrhundert des Journalismus begann in den 30er Jahren des 19. Jahrhunderts erstens mit der Kommerzialisierung der Zeitungen (Penny-Press)und zweitens mit der Professionalisierung der Zeitungsmacher. Für den neuen Beruf gab es kein ständisches Vorbild und keine zünftige Ordnung, die neuen Journalisten, die den Typus des ‚philosophischpolitisch interessierten Zeitschriften-Inhabers ablösten, waren Absteiger, also Studienabbrecher, Berufswechsler oder Seiteneinsteiger, eben die „Proletarier der Geistesarbeit“. Sie ließen sich von den Zeitungskapitalisten anstellen, konnten daher von der sozialistischen Parteipresse als Handlanger der gewinnsüchtigen Pressekapitalisten denunziert werden. Immerhin lebten Print-Produkte in ihren Hochzeiten zu zwei Dritteln vom Anzeigengeschäft.

Die Arbeit der gesellschaftlichen Selbstverständigung über richtig und falsch, gut und böse in der Politik wurde letztlich delegiert an einen neuen Berufsstand, die professionellen Journalisten. Nach amerikanischem Vorbild galt es nach den Erfahrungen der Nazi-Propaganda auch in Deutschland (West) als selbstverständlich, dass Journalisten parteipolitisch unabhängig zu sein hatten.

Schließlich gibt es neben der Kommerzialisierung und der Delegation der Selbstverständigungs-Arbeit (Professionalisierung) eine dritte Voraussetzung für das „Jahrhundert des Journalismus“: Die technologische Entwicklung des Zeitungsdruckes.

Die im Jahre 1812 vorgestellte Zylinderdruckmaschine läutete  den Abschied von den Druck und Setzverfahren Gutenbergs ein. Die neue Rotationsmaschine konnte (1846) pro Stunde 12.000 Exemplare der englischen „Times“ drucken. Schließlich ermöglichte es die Zeilensetzmaschine, eine Erfindung des Uhrmachers Ottmar Mergenthaler, auch den Bereich des Handsatzes zu industrialisieren: 1886 wurde diese Maschine bei der „New York Tribune“ vorgestellt. Man sieht: Nicht nur der Journalismus, auch die Produktionstechnik für das Jahrhundert des Journalismus wurde im angelsächsischen Raum erfunden.

Parallel zu den Techniken der Massenproduktion von Druckerzeugnissen vollzog sich die Entwicklung der Bild-Techniken, also der Fotografie und der Integration der Fotografie in den Zeitungsdruck. Schon der alte Holzschnitt hatte Druckerzeugnisse ungeheuer attraktiv gemacht und war für den Geschäftserfolg oft wichtiger als das gedruckte Wort.

Eine erste Form von Globalisierung ermöglichten im 19. Jahrhundert die neuen elektrischen Übertragungstechniken, Paul Julius Reuter gründete in den 1850er Jahren die nach ihm benannte Nachrichtenagentur   „Reuters Telegraphic Comp. Incorporated“.  

Das Problem der „Delegation“
am Ende des Jahrhunderts des Journalismus

Globalisierung, Visualisierung und Kommerzialisierung der Kommunikation haben das Jahrhundert des Journalismus geprägt und läuten genauso sein Ende ein. Das wäre nur ein neues Kapitel der Geschichte der technischen Instrumente der Kommunikation, wenn nicht eines der konstitutiven Elemente dieses Jahrhunderts des Journalismus, die Professionalisierung, nebenbei unter die Räder der Geschichtlichen Entwicklung käme. Der unabhängige politische Journalismus wurde im „Zeitalter des Journalismus“ quersubventioniert über die Erlöse, die die unterhaltsamen Massenblätter einspielten. Bei den meisten Tageszeitung waren die ersten Seiten dem politischen Welt-Nachrichten und dem lokalen Geschehen vorbehalten. Obwohl die „bunte“ Seite („Aus aller Welt“), die Sportseiten, die „VIP“-Geschichten oder zum Beispiel die Todesanzeigen immer mehr Leser-Interesse auf sich zogen, lebte das Zeitungs-Abonnement auch im Selbstverständnis seiner Abonnenten von dem Image, aktuell täglich zum Frühstück den Überblick über das politische Geschehen zu präsentieren. In Deutschland durchbrach die BILD-Zeitung als erste der Tageszeitungen dieses Modell und setzte selbstbewusst Klatsch und Tratsch über das politische Weltgeschehen.

War das öffentlich-rechtliche Fernsehen in seinen ersten Jahren gedacht als eine Art Volkshochschule für bildungsferne Schichten, denen das Theater und das Interesse am politischen Weltgeschehen quasi in heimische Wohnzimmer gebracht werden sollte, so setzte sich bald das Unterhaltungsinteresse der Zuschauer durch – vollends mit der Öffnung des Marktes für private Veranstalter, die ihre Programme über Werbung finanzieren mussten und daher die Publikums-Wünsche zum heimlichen Programm-Führer machten.

Der unwiderstehlichen Attraktivität der Bilder konnten sich auch die Tageszeitungen nicht entziehen – modernes Zeitungs-Layout gruppiert die Texte, die nicht zu lang geraten dürfen, um die bunten Bilder herum. Insgesamt scheint aber im Zeitalter des Fernsehen eine friedlichen Koexistenz von Print-Medien und elektronischen Medien möglich. Der Werbe-Markt reichte für beide und die Zeitungen (und Zeitschriften) ergänzten die linear versendeten Programme des Fernsehens.

Erst das Internet sorgte für die Nachrichten- und Filmangebote für den medialen „overkill“. Die Fülle von Angeboten können zudem „on demand“ zu dem Zeitpunkt abgerufen werden können, zu dem der Nutzer sich damit befassen will. Die Werbung kann für die jeweiligen Zielgruppen optimiert werden, wenn sie sich an den Themen und Such-Worten der gerade aufgerufenen Internet-Seiten orientiert. So wie die Werbung die immensen Streuverluste der klassischen Zeitungs-Anzeige vermeidet, so vermeidet der Internet-User die Streuverluste des linearen Fernsehprogramms, bei dem er sich mit dem zufrieden geben muss, was das Programm gerade für ihn bereitstellte.

Die individualisierte Empfänger-Sender-Struktur des Internets bedeutet so eine doppelte „Demokratisierung“ der medialen Inhalte: Die Empfänger können auch senden und die Empfänger können (und müssen) die Sende-Inhalte, die sie konsumieren wollen, sehr viel präziser selektieren. Während mit dem Abonnement einer Zeitung der klassische Leser die Entscheidung darüber, was im Einzelnen er zur Lektüre präsentiert bekommen will, an die Profession der Journalisten delegiert, so delegiert der Fernsehzuschauer die Entscheidung über das, was er sehen möchte, an die Programmplaner des Fernsehangebots. Die Wahlfreiheit beschränkt sich auf die Wahl einer anderen Tageszeitung oder eines anderen Fernsehprogramms. Die neue Programmvielfalt der privaten TV-Anbieter und die Fernbedienung waren die ersten Schritte zur Entmachtung der Programmdirektoren. Die neue mediale Kultur des Internets überlässt die Auswahl der Nachrichten und die Auswahl des Unterhaltungsangebotes jedem „Empfänger“.

Die neuen Techniken erlauben es, die Delegation der Selbstverständigungs-Arbeit zu widerrufen. Während das Interesse an professionellen Unterhaltungs-Angeboten (bisher jedenfalls) so groß ist, dass sie als Plattform für Werbung ausreichen, gilt dies für professionellen Nachrichten-Journalismus nicht. So wie auf dem Dorf die politische Kommunikation vor ihrer Durchdringung durch Zeitungen ihre eigene, von Gerüchten wie von Interessen getriebene Dynamik hatte, so kommunizieren in den Blogs des Internets eben alle so, wie ihnen der Schnabel gewachsen ist – ohne professionelle Selektion und Steuerung durch die Agenten selbsternannter „Leitmedien“. Das Verhältnis beginnt sich schon umzukehren: Die „Leitmedien“ schauen den Blogs aufs Maul.

Vom „Jahrhundert des Journalismus“ kann man sinnvoller Weise reden für die Phase, in der die Journalisten die repräsentativen oder „organischen“ Eliten der Selbstverständigung waren. Bisher lebt das Internet noch davon, dass die Blogger die von Journalisten erarbeiteten Inhalte – wie selektiv auch immer - weitertragen. Wenn die letzte Tageszeitung gestorben ist, werden sie erkennen, dass sie nun ohne auskommen müssen. Internet-„Zeitungen“ wie „netzeitung.de“ oder auch „spiegel.de“ sind „quersubventioniert“ von Print-Produkten, d.h. ihr Content ist zu großen Teilen übernommen oder erarbeitet in der Kultur des Print.

Sie werden in zunehmende Maße die Informationen von Lobby-Gruppen in ihre Portale einstellen müssen – sei es von privaten oder öffentlichen Interessenträgern. Je mehr sich diese Marktlücke öffnet, umso mehr werden scheinbar unabhängige Produzenten ihre Nachrichten kostenlos anbieten. Wenn sich schon 2013 die Washington Post keine Berührungsängste mehr leisten kann zu Versandhäusern wie Amazon, zeigt das, wie schwach die medienethischen Grenzziehungen sind zwischen Journalismus und PR.

Die Selbstverständigungs-Arbeit, die im „Jahrhundert des Journalismus“ von den Zeitungen und weitgehend professionellen Medien-Arbeitern bestimmt worden war, wird auf semi-professionelle Strukturen übergehen, irgendwo zwischen ehrenamtlichem, hobbymäßigem Engagement und professionalisierten Lobby-Strukturen.

Der Einwand, nur guter Qualitätsjournalismus könne die Leser vom Wert teurer, professioneller journalistischer Arbeit überzeugen, läuft ins Leere aus quantitativen und qualitativen Gründen.
a) Die Frage wäre ja, wie viele Leser wirklich Qualität im Sinne dieses Argumentes wollen und wie viel ihnen das dann wert sein muss, um die Strukturen finanziell über Wasser zu halten. Die Liebhaber von Qualitätszeitungen bilden eine Minderheit wie die frei raisonnierenden Bürger im Habermas’schen Sinne im 18. Jahrhundert. 
Das öffentliche Bild des Journalisten wird zudem geprägt von Fernseh-Journalisten, die in der „Maske“ vorbereitet werden auf ihre Rolle und das Fernsehen als Bühne betrachten. Die subalternen Rollen reduzieren sich darauf, Texte aufzusagen. Die erfolgreichsten Fernsehjournalisten sind die „Stars“ der Mediengesellschaft und vermarkten ihre Rolle in eigenen Unternehmen.
b) Vor alle aber fragt sich, wer was als Qualität anerkennt. Von einzelnen investigativen Recherchen ausgenommen, aus denen der professionelle Journalismus sein Selbstwertgefühl bezieht, spiegelt der politische Journalismus wesentlich die Interessenlagen der politischen Akteure wider. Politische Berichterstattung bezieht sich überwiegend auf das performative Theater der Akteure, „politics“. Und wenn kritische Berichterstattung über einen Akteur hinter die Kulissen schaut, dann ist sie doch in vielen Fällen durch den politisch konkurrierenden Akteur inspiriert. 

Zum Beispiel erwies sich an dem überraschenden Zusammenbruch der Finanzmärkte im Herbst 2008, der das Selbstbild der prosperierenden, modernen westlichen Gesellschaft fundamental erschütterte, dass die professionelle Beobachtung der Wirtschaft- und Finanzpolitik offenbar über kaum mehr Sachverstand verfügt als der gemeine Blogger - der Wirtschafts- und Finanzjournalismus funktionierte dabei immer schon weitgehend als Dienstleister für Unternehmen und Anzeigenkunden, auch bei so genannten Qualitätszeitungen.

Fazit: Die Wertschätzung des Professionalismus, die im Allgemeinen oft beschworen wird, ist im Konkreten recht gering und keine hinreichende Basis für die Finanzierung von papiernen oder elektronischen Zeitungen, wenn Anzeigenumsätze und Massenauflage schwinden.

Das Internet als ‚Massenmedium’ löst also unerbittlich das ‚Jahrhundert des Journalismus’ ab, weil es den klassischen Nachrichtenmedien ihr Vermittlungsmonopol und ihre „Gatekeeper“-Rolle raubt und damit der Zeitung ihr Geschäftsmodell.

Was kommt? Was kann kommen?

Der schrittweise Verzicht auf Delegation der Arbeit an der Selbstverständigung auf professionelle Journalisten entspricht dem Zeitgeist. Schon in der Fernsehgesellschaft begann der Abbau des Delegations-Prinzips in Bezug auf die Politik: der Bürger am Fernsehschirm braucht nicht mehr „seine“ Abgeordneten und die Parteien, um die Welt zu verstehen. Wahlkampf-Veranstaltungen sind längst nicht mehr Gelegenheiten, in denen das Wahlvolk „seine“  politischen Führungspersonen einmal sehen und ihre Ansichten kennenlernen kann. Das Wahlvolk kennt sie alle und weiß, was sie sagen. Die Wahlkampfveranstaltung wird inszeniert als Berichterstattungsanlass für die Medien. Die intensive Begleitung der Politik durch die elektronischen Medien hat die parlamentarischen Repräsentanten des Wahlvolkes in die zweite Reihe gedrängt, sie sind nicht mehr die authentischen Überbringer der politischen Nachrichten. Die Popularität von Bürgerinitiativen und Volksbegehren zeigt, dass das Wahlvolk es besser zu wissen meint jedenfalls als die Parteiapparate. Konzepte von „liquid democracy“ beschäftigen sich mit der Frage, wie ein der modernen Mediengesellschaft angemessenes neues Modell kompetenterer Repräsentation möglich sein könnte.

Auch wenn die klassischen Parteistrukturen, die dem Mediensystem der Zeitungen entsprechen, vor Lobbyismus nicht gefeit waren, bildeten sie doch einen härteren institutionellen Schutz als die spontanen, weichen Mobilisierungsformen der Zivilgesellschaft. Insbesondere auf dem Sektor des öffentlichen Diskurses über Gesundheitsprobleme ist heute schon kaum zu unterscheiden, welche „Bewegung“ von welchem Pharmakonzern gesponsert wird und wie eine von Eigeninteressen freie Selbstverständigung der Gesellschaft möglich sein könnte. Die historische Niederlage der Tabak-Lobby auf diesem Feld und der Erfolg der Nichtraucher-Kampagnen zeigt aber wie die Durchsetzung der Energiewende gegen massive Interessen von multinationalen Konzernen, dass der Prozess der gesellschaftlichen Selbstverständigung nicht einfach den Lobby-Strukturen ausgeliefert ist.

So wie die Zivilgesellschaft ihre „NGOs“, ihre Vereine und Stiftungen hat, um mithalten zu können im Kontext der professionalisierten Lobby- und Delegationsstrukturen, so wird auch das Nachrichten- und Mediensystem nach dem Ende der klassischen Zeitungen seine Vereine und Stiftungen benötigen. Journalistische Medien, die die Arbeit der Selbstverständigung einer Gesellschaft professionell begleiten, sind meritorische Güter und „systemrelevant“ (Habermas), also für die Zivilgesellschaft wie für die Demokratie unverzichtbar.

Je mehr gedruckte Zeitungen vom Markt verschwinden, umso deutlicher wird, dass es neue Modelle zur Finanzierung von Qualitäts-Journalismus geben muss.

    s. dazu den Text zur Medienkultur-Abgabe  M-G-Link